Lässt sich die Astrologie wissenschaftlich überprüfen?

Untersuchungen haben ergeben, dass von der Astrologie überzeugte Testpersonen sich in Charakterisierungen wiederfinden können, die nicht von ihren eigenen Geburtsdaten abgeleitet worden sind. Davon allein lässt sich jedoch keine Widerlegung der Astrologie herleiten. Solche Versuche lassen meiner Auffassung nach bestenfalls Rückschlüsse über die Selbstwahrnehmung der Testpersonen zu oder auch über die uneindeutige Formulierung der vorgelegten Charakterisierung.

Der für seine Kritik an der Astrologie bekannte Soziologe Edgar Wunder referierte am 21. April 2001 auf der Nürnberger Sternwarte und stellte in anschaulicher Weise ca. 20 wissenschaftliche Untersuchungen zur Astrologie vor, die alle zu einem negativen Ergebnis geführt hatten. Es würde den Rahmen des vorliegenden Textes sprengen, auf diese Untersuchungen detailliert einzugehen. Zumeist waren dies jedoch Zuordnungstests, bei denen entweder der Astrologe einen von der Testperson ausgefüllten Fragebogen dem richtigen Horoskop zuordnen sollte, oder aber die Testperson bewerten sollte, wie genau ein vom Astrologen erstelltes Horoskop auf sie zutrifft. Mir ist seinerzeit sofort aufgefallen, dass sich in allen Versuchsanordnungen ganz bestimmte Fehler befunden hatten:

- Testpersonen wurden nicht auf psychische Auffälligkeiten und die Neigung zum Lügen untersucht.

- Testpersonen hatten astrologisches Wissen bzw. glaubten an die Astrologie.

- Fragebögen wurden ohne konkreten Bezug zu den untersuchten Horoskopen gestaltet.

- Bei einigen Experimenten waren nicht einmal die exakten Geburtsdaten bekannt.

So äußerte ich einen eigenen Vorschlag, der dann Monate später in der „Zeitschrift für Anomalistik“ – Band 2/2002“ veröffentlicht wurde und in enger Abstimmung und Rücksprache mit mir durch Edgar Wunder in einen konkreten Vorschlag zu einem bestimmten Versuchsaufbau mündete.

Welches waren die Besonderheiten des methodischen Aufbaus dieser Studie?

Die exakten Geburtsdaten der Testpersonen waren aufgrund amtlicher Dokumente bekannt; außerdem bestand zusätzlich die Möglichkeit, die Geburtszeit von einem zweiten Astrologen überprüfen bzw. korrigieren zu lassen. Die in diesem Zusammenhang erhobenen biographischen Daten der Testpersonen wurden aber nur diesem Astrologen mitgeteilt und nicht demjenigen, der die Charakterisierungen und Fragebögen erstellte.

Alle Testpersonen wurden vorab mittels Fragebögen einem wissenschaftlich anerkannten psychologischen Persönlichkeitstest unterzogen, welcher psychische Auffälligkeiten und die Neigung zum Lügen ermittelte.

Durchgeführt wurde die Studie überwiegend mit solchen Testpersonen, die weder astrologische Kenntnisse hatten, noch von vornherein an die Astrologie glaubten. Diese wurden zu Paaren zusammengestellt, bei denen Sonnenzeichen und Geschlecht identisch und das Alter ähnlich waren. Auf diese Weise wurde verhindert, dass Selbstzuschreibungen (hinsichtlich Alter, Geschlecht, astrologischen Merkmalen) auf das Untersuchungsergebnis hätten Einfluss nehmen können.

Testpersonen mit astrologischem Wissen bzw. solche, die von vorneherein an die Astrologie glauben, hätte man meinem ursprünglichen Vorschlag nach von der Teilnahme am Experiment ganz ausschließen sollen. Um Vergleichsmöglichkeiten zu haben, hat Edgar Wunder ca. ein Drittel solcher Testpersonen dennoch zum Experiment zugelassen. Dies ist einerseits nachvollziehbar, gleichzeitig jedoch problematisch: Astrologisch bedingte Selbstzuschreibungen basieren nicht zuletzt auf der zugrunde liegenden astrologischen Methode, weshalb sich aussagefähige Vergleiche nur dann anstellen lassen, wenn bekannt ist, welche Deutungsmethoden Testpersonen und Astrologen gewohnt sind. Je nachdem, ob die Deutungsmethoden gleich oder unterschiedlich sind, dürften sich unterschiedliche Trefferquoten ergeben.

Es erfolgte ein doppelter Zuordnungstest: Einerseits sollten die Testpersonen von zwei Horoskop-Deutungen die am ehesten auf sie zutreffenden auswählen – andererseits sollten die Astrologen anhand zweier von den Testpersonen ausgefüllter Fragebögen entscheiden, welcher Fragebogen zu welchen Geburtsdaten gehört.

Die Fragebögen konnten die Astrologen auf der Basis der Geburtsdaten für jedes Paar individuell gestalten. Außerdem durften die Astrologen jene Paare ablehnen, die aus astrologischer Sicht zu viele Ähnlichkeiten aufwiesen. Im Übrigen konnten die Astrologen frei entscheiden, wie viele Paare sie insgesamt bearbeiten möchten.

Hinsichtlich der Zahl der teilnehmenden Testpersonen handelte es sich um die umfangreichste derartige empirische Studie, die bislang weltweit zur Astrologie durchgeführt wurde: Zugelassen wurden 274 Testpersonen und 26 Astrologen aus dem deutschsprachigen Raum. Weitere 1426 Testpersonen (welche die strengen Zulassungsvoraussetzungen nicht vollständig erfüllen konnten) dienten als Kontrollgruppe oder wurden teilweise in begleitenden Zusatztests eingesetzt.

Edgar Wunder beschrieb die grundlegende Philosophie des Ende 2001 angelaufenen Experiments in einem am 05.12.2002 veröffentlichten Statusbericht wie folgt:

(a) Die Astrologen hatten alle Freiheiten und Möglichkeiten, um zu gewährleisten, dass die Testbedingungen für die Astrologie so angemessen und Erfolg  versprechend wie nur möglich waren.

(b) Eventuelle Fehlerquellen und Artefaktmöglichkeiten wurden systematisch kontrolliert, um abzusichern, dass eventuelle über zufällige Trefferquoten nicht auf andere Ursachen und Informationsquellen als die Astrologie zurückgehen können.

(c) Der Auswertungsplan wurde nicht undifferenziert beweis- oder widerlegungsorientiert angelegt, sondern dergestalt, dass genau untersucht werden kann, von welchen Faktoren die Stimmigkeitseinschätzungen bezüglich der Horoskope bzw. die Trefferquoten nun abhängen – sowohl in Bezug auf astrologische Faktoren (z.B. Genauigkeit der dokumentierten Geburtszeit) als auch in Bezug auf nicht-astrologische Faktoren (z.B. Einstellungen der Versuchspersonen).“

Aus meiner Sicht waren Edgar Wunders Testbedingungen fair und korrekt. Eigenartig wirkt jedoch, dass er bislang keinen Abschlussbericht veröffentlichte, sondern im Jahr 2004 nur kurz und knapp verlauten ließ, in der Gesamtauswertung wären die Trefferquoten zu gering; sie würden letztlich nicht von der Zufallsverteilung abweichen.

Wie lauteten die veröffentlichten Zwischenergebnisse?

Die Astrologen ordneten 59% der Fragebögen richtig zu und 64% der Testpersonen erkannten sich im für sie erstellten Horoskop. Was die individuelle Leistung eines der teilnehmenden Astrologen betrifft, haben sich sogar 78,6% der Testpersonen (11 von 14) im für sie erstellten Horoskop erkannt. Diese Zahlen betreffen den Stand der Auswertung zum 05. Dezember 2002. Bis dahin waren aber erst 56 % der möglichen Zuordnungsentscheidungen abgegeben worden.

Im Rahmen meiner eigenen Teilnahme am Experiment habe ich keine Horoskop-Deutungen, sondern nur Fragebögen erstellt. Hiervon konnte ich 66,6 % (4 von 6 Versuchspaaren) den richtigen Geburtsdaten zuordnen, was hinsichtlich meiner individuellen Leistung aber als nicht signifikant gilt. Wer sich detailliert für die statistischen Hintergründe interessiert, beispielsweise dafür, warum die individuelle Leistung einer 66,6 % -igen Trefferquote nicht signifikant ist, die kollektive Leistung einer 64%-igen Trefferquote hingegen schon, sei an Fachleute zur Statistik wie Edgar Wunder verwiesen. Im Wesentlichen verhält es sich so, dass die Fehlerquote desto höher sein darf, je größer die zugrunde liegende Stichprobe ist.

Die „Frankfurter Rundschau“ schrieb: „SANDHAUSEN, 8. Dezember 2002 (dpa). Horoskope haben sich in einer aufwendigen Studie überraschenderweise als etwas treffsicherer gezeigt als von Skeptikern erwartet. Bei der Untersuchung konnten die 274 Befragten zwischen zwei Horoskopen wählen – eins basierte auf ihren persönlichen Daten, das zweite auf fremden Daten. 64 Prozent erkannten die für sie erstellte Charakterisierung – durch pures Raten hätten nur 50 Prozent richtig liegen sollen. „Ich bin erstaunt“, sagte Studienleiter Edgar Wunder von der Gesellschaft für Anomalistik in Sandhausen bei Heidelberg. Die Ergebnisse seien aber vorläufig und mit großer Vorsicht zu bewerten.“

Wie waren meine eigenen Erfahrungen mit diesem Experiment?

Als teilnehmender Astrologe erfuhr ich die Ergebnisse des psychologischen Persönlichkeitstests nicht und mir wurden ausschließlich Geburtsdaten von solchen Personen übermittelt, die diesen Test bereits bestanden hatten. Um ganz sicher zu gehen, habe ich jedoch in meinen astrologischen Fragebogen zusätzlich einen miniaturisierten Persönlichkeitstest integriert. Die Auswertung ergab, dass meine Testpersonen offenbar nicht alle Fragen in zutreffender Weise beantwortet haben:

Nun die Ergebnisse im Detail: Insgesamt waren es 12 Testpersonen, deren Fragebögen ich den richtigen Geburtsdaten zuordnen sollte. Die Testpersonen konnten von mir formulierte Aussagen mit 1 – 4 bewerten. 1 = trifft überhaupt nicht zu. 2 = trifft eher nicht zu. 3 = trifft eher zu. 4 = trifft genau zu. Fettdruck hebt Auffälligkeiten der Testpersonen hervor.



- Manchmal lüge ich.

1, 2, 2, 3, 2, 4, 4, 3, 4, 4, 3, 3

 

- Manchmal habe ich Gedanken, die ich niemand mitteilen würde.

2, 4, 3, 2, 4, 2, 4, 3, 4, 3, 4, 3

 

- Manche Menschen sind mir bereits von vornherein total unsympathisch.

4, 3, 4, 2, 4, 4, 4, 2, 2, 3, 3, 3

 

Von ehrlichen Menschen mit guter Selbstwahrnehmung wären hier jeweils 4 Punkte zu erwarten gewesen. Wie gut die Selbstwahrnehmung eines Menschen ist, hängt u.a. von der Ausgeglichenheit der betreffenden Person ab. Hierzu eine weitere Grafik:

Nun wieder die Ergebnisse im Detail: Die Testpersonen konnten von mir formulierte Aussagen mit 1 – 4 bewerten. 1 = trifft überhaupt nicht zu. 2 = trifft eher nicht zu. 3 = trifft eher zu. 4 = trifft genau zu. Fettdruck hebt Auffälligkeiten der Testpersonen hervor.

 

- Es fällt mir sehr leicht, mich zu entspannen / mein Leben zu genießen.

2, 2, 2, 3, 2, 2, 3, 4, 3, 2, 3, 2

 

- Ich bin oft unzufrieden.

3, 4, 4, 1, 4, 3, 2, 4, 2, 2-3, 2, 3, 4

 

- Ordnung ist sehr wichtig für mich, dennoch lebe ich mehr oder minder im Chaos.

4, 3, 3, 2, 2, 3, 3, 2, 3, 1, 4, 2

 

Von insgesamt ausgeglichenen Menschen wären bei der ersten Aussage 3 oder 4 Punkte – und bei den beiden anderen Aussagen 1 oder 2 Punkte zu erwarten gewesen: Menschen, die unzufrieden sind, sich nicht entspannen bzw. ihr Leben genießen können und trotz Bedürfnis nach Ordnung im Chaos leben, befinden sich meiner Anschauung nach nicht in ihrer inneren Mitte. Und ich gehe davon aus, dass sich dies dann auch auf die Selbstwahrnehmung dieser Menschen auswirkt.

Bei anderen Testpersonen, im Rahmen eigener Vor-Versuche, waren die psychischen Auffälligkeiten und der Grad des Lügens geradezu erschreckend. Extremstes Beispiel hierfür war, dass eine Testperson meine astrologisch abgeleitete Aussage „oft stehe ich geradezu unter Genusszwang“ mit „trifft überhaupt nicht zu“ bewertete, an anderer Stelle jedoch erklärte, dass sie täglich 60 Zigaretten rauche und seit Jahrzehnten nahezu jeden Tag Haschisch konsumiere.

Im Nachhinein bin ich nun sehr froh, dass ich überhaupt Vor-Versuche durchgeführt und beim aktuellen Experiment sehr nachdrücklich auf einem psychologischen Persönlichkeitstest bestanden habe. Bei astrologischen Studien kommt es – wie bei allen persönlichen Befragungen – in hohem Maße auch darauf an, wie gut die Selbstwahrnehmung der Testpersonen ist, wie ehrlich sie antworten bzw. wie gut sie das Wesentliche der gestellten Fragen verstehen: In diesem Zusammenhang wäre es bestimmt hilfreich, wenn die Befragung im persönlichen Dialog stattfände und nicht nur auf rein schriftlichem Wege erfolgen würde.

Sowohl bei meinen Vor-Versuchen, als auch laut Zwischenauswertung beim aktuellen Experiment, war die Trefferquote bei den Zuordnungen der Fragebögen durch die Astrologen niedriger als die Trefferquote der Testpersonen bei der Auswahl des für sie erstellten Horoskops. Mich hat dies überrascht, denn meinem astrologischen Verständnis nach hatte ich ursprünglich erwartet, dass es umgekehrt sein würde – und zwar aus folgenden Gründen:

Was mit einer bestimmten astrologischen Konstellation einhergehen kann (hinsichtlich Charakter / Ereignissen / Schicksal) ist sehr vielfältig, jedoch nie beliebig. Aus astrologischer Sicht muss es aber stets innerhalb der betreffenden „Analogiekette“ angesiedelt sein.

Nehmen wir an, jemand hätte ein Horoskop, mit einer deutlich ausgeprägten Mars/Saturn-Konstellation. Eine Konstellation, die vom Horoskopeigner auf ganz unterschiedliche Art und Weise erlebt und empfunden werden kann: Die Bandbreite geht u.a. von „blockierter Energie“, über „Wachsen am Widerstand“ bis hin zum „konzentrierten Energieeinsatz“. Alle drei Möglichkeiten sind analoge Entsprechungen dieser Konstellation.

Für die Astrologen besteht das Problem nun darin, die zutreffenden Verwirklichungsebenen der vorhandenen Konstellationen auszuwählen: Wie bereits erwähnt sind diese Verwirklichungsebenen zwar nicht beliebig, jedoch sehr vielfältig. Deshalb müssen den Horoskopeignern zu jeder wesentlichen astrologischen Konstellation mehrere Verwirklichungsebenen angeboten werden. Bei der Erstellung des Fragebogens lässt sich dies noch relativ leicht umsetzen. Problematischer wird es bei der Deutung der Horoskope: Schließlich dürfen nicht derart viele Verwirklichungsebenen gleichzeitig angeboten werden, dass die Trennschärfe verloren geht.

Zutreffende „Blinddeutungen“ zu erstellen, ist daher ausgesprochen schwierig. Dass sich hier beim aktuellen Experiment im Vergleich zur Zuordnung der Fragebögen anscheinend eine höhere Trefferquote ergibt, mag damit zusammenhängen, dass es für die Testpersonen eine höhere Anforderung darstellte, viele Einzelfragen zutreffend zu beantworten, als sich (zumindest hinsichtlich einer klaren Tendenz) zwischen zwei flüssig formulierten Deutungen „richtig“ zu entscheiden.

Die detaillierten Ergebnisse der Studie würden hier noch mehr Aufschluss geben: Edgar Wunder hatte die Testpersonen nicht nur gefragt, für welche Deutung sie sich entscheiden, sondern zusätzlich nach dem Grad der subjektiv empfundenen Übereinstimmung mit dieser Deutung.

Im Folgenden zwei Beispiele aus meinen Fragebögen, die veranschaulichen mögen, warum es für den Astrologen sehr schwierig sein kann, richtig zuzuordnen:

Testperson X erklärte:

Größere Veränderungen/Umstellungen empfinde ich als verwirrend und damit als unangenehm. --> 3

Ich liebe Veränderungen. --> 3

Ich brauche viel Abwechslung. --> 3

Testperson Y erklärte:

Ich brauche es geradezu, mich an meinem Gegenüber zu reiben. --> 2

Ich trete mit anderen Menschen gerne in Konkurrenz. --> 2

Wer mir nichts entgegensetzen kann, den bzw. die finde ich langweilig. --> 4

Aussagen wie diese sind nun mal in sich unlogisch, wobei ich aber keinesfalls unterstellen möchte, dass hier bewusst irreführende Angaben gemacht worden sind. Vielmehr vermute ich, dass es eine Überforderung der Testpersonen war, diese Fragen zutreffend zu beantworten bzw. dass Missverständnisse vorlagen. Ein weiterer Grund dürfte sein, dass ich die Aussagen in meinen Fragebögen nicht immer ausreichend trennscharf formuliert hatte.



Wie geht es weiter?

Unabhängig von einem endgültigen Ergebnis der aktuellen Studie sollte unter optimierten Versuchsbedingungen ein weiteres Experiment durchgeführt werden, wobei ich gern wieder teilnehmen möchte. Aus meiner Sicht verbesserungswürdig wäre die Vorgehensweise bei der Auswahl der Testpersonen. Die Kriterien hinsichtlich psychischer Unauffälligkeit bzw. Nicht-Lügen sollten bei künftigen Studien verschärft werden. Außerdem sollte der Persönlichkeitstest nicht nur über einen Fragebogen erfolgen, sondern die Testpersonen von geeignetem Personal sowohl medizinisch als auch psychologisch untersucht werden.

Ob sich jemand zwischen zwei Charakterisierungen richtig entscheiden kann oder nicht, hängt unabhängig vom Hintergrund der Charakterisierungsmethode in starkem Maße auch von der Ehrlichkeit und Selbstwahrnehmung der betreffenden Person ab. Auch rein psychologisch erarbeitete Charakterisierungen werden nicht von allen Menschen angenommen – unabhängig davon, ob diese Charakterisierungen aus wissenschaftlicher Sicht richtig sind, bzw. die betreffenden Menschen hinsichtlich psychischer Auffälligkeiten bzw. der Neigung zum Lügen der „normalen“ Bevölkerung entsprechen.

Die Anforderungen an die Testpersonen sind also hoch. Auf eine andere Art ähnlich hoch sind die Anforderungen beispielsweise bei Automobil-Tests: Um als Testfahrer zugelassen zu werden, ist es eben nicht ausreichend, dass man nur die Führerscheinprüfung bestanden hat und mit dem eigenen Fahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen kann.

Falls ich Edgar Wunder jedoch richtig verstehe, so bestreitet er zwischenzeitlich entschieden, dass der Grad an Ehrlichkeit und guter Selbstwahrnehmung sich überhaupt entscheidend auf das Testergebnis auswirken könnte – und zwar deshalb, weil den Testpersonen gar kein „objektives Wesen“ innewohne, welches sich über die Astrologie erkennen ließe.

Weil ich nicht dieser Auffassung bin, schlage ich folgende Kontrolluntersuchung vor: Man sollte Personen mit keinerlei astrologischem Wissen nur auf der Basis von Geburtsdaten Charakterisierungen und Fragebögen erstellen lassen! Es wäre aufschlussreich zu ermitteln, wie viele Testpersonen (Zugangskriterien wie in der vorliegenden Studie) sich in diesen Charakterisierungen erkennen, bzw. wie viele Fragebögen sich richtig zuordnen lassen. Wem ein solcher Vorschlag absurd erscheint, möge sich bitte vergegenwärtigen, dass alle mitwirkenden 26 Astrologen außer den Geburtsdaten keinerlei Informationen über die Testpersonen hatten.

Im Laufe des Jahres 2004 hat Edgar Wunder die Auswertung der Studie abgeschlossen, hierüber jedoch keinen Abschlussbericht veröffentlicht. Er erklärte allerdings, dass sich im Gesamtergebnis keine Trefferquoten ergeben hätten, welche signifikant von der Zufallsverteilung abweichen würden. Ich selbst führte im Jahr 2008 eine weitere Studie mit einem anderen Versuchsleiter durch, welche ich im Folgenden kurz skizzieren möchte.



Zuordnungstest aus dem Jahr 2008: neuer Versuchsaufbau / neuer Versuchsleiter

 

Testpersonen:

Diese beschafften ein standesamtliches Dokument bezüglich der eigenen Geburtsdaten.

Sie hatten keine astrologischen Kenntnisse

Kannten das eigene Horoskop betreffend ausschließlich das „Sternzeichen“ und waren bereit sich vom Astrologen hinsichtlich charakterlicher Wesenszüge und biographischer Begebenheiten befragen zu lassen.

Versuchsaufbau:

Dem Astrologen wurde Datum und Ort der Geburt mitgeteilt, die Uhrzeit jedoch im 12 Stundenformat, jedoch o h n e Angabe, ob es sich um die erste oder die zweite Tageshälfte handelt. Das standesamtliche Dokument mit den vollständigen Daten wurde dem Versuchsleiter in einem geschlossenen Umschlag ausgehändigt. Die richtige Tageshälfte sollte der Astrologe herausfinden und er durfte hierzu die Testperson alles fragen, was ihm in diesem Zusammenhang hilfreich erschien – ausgenommen Fragen, deren Beantwortung Hinweise auf die ihm unbekannte Tageshälfte beinhalten.

Durchführung des Versuchs:

Es fanden sich sechs Testpersonen, welche zur Mitarbeit an diesem Experiment bereit waren. Diese Personen wurden von mir sowohl per E-Mail (Kopien der Emails gingen jeweils auch an den Versuchsleiter), als auch persönlich (der Versuchsleiter war hier stets mit anwesend) hinsichtlich charakterlicher Wesenszüge und biographischer Begebenheiten befragt. Nach dieser Befragung entschied ich mich bezüglich der Geburtszeit für die mir richtig erscheinende Tageshälfte, der Versuchsleiter ebenso und beide Entscheidungen wurden vom Versuchsleiter protokolliert. Mir wurde dieses Ergebnis jedoch nicht mitgeteilt. Da auch der Versuchsleiter vor dem Öffnen der Umschläge mit den standesamtlichen Dokumenten die richtige Tageshälfte nicht kannte, handelte es sich um einen so genannten „Doppelblindversuch“.

Nach wissenschaftlicher Anschauung hätte dieser Zuordnungstest dann ein signifikantes Ergebnis, wenn fünf von fünf Horoskope hinsichtlich der Tageshälfte richtig zugeordnet werden (statistische Wahrscheinlichkeit ist hier 1:32). Es wurden daher von den sechs Zuordnungen fünf ausgelost und nur diese für den Versuch gewertet. Dass wir überhaupt mit sechs Testpersonen arbeiteten, begründet sich darin, dass wir eine Ersatzperson benötigt hätten, falls eine der Testpersonen während des Experiments langfristig ausgefallen wäre.

Um zu zeigen, wie unterschiedlich zwei Horoskope sind, die sich hinsichtlich der Geburtszeit um 12 Stunden unterscheiden, nachfolgend ein Beispiel:

 

 

Nehmen wir an, der Astrologe hätte u.a. als wesentliche Hintergrundinformation, dass es sich bei dieser Horoskopeignerin um eine außergewöhnliche und sehr erfolgreiche Tennisspielerin von Weltklasse-Niveau handelt, so wäre es seine Aufgabe herausfinden, welches der beiden vorgelegten Horoskope dies deutlich widerspiegelt. Auf der Basis dieser Hintergrundinformationen habe ich mich im Rahmen eines Vor-Versuchs für das erste der beiden Horoskope entschieden, aufgrund der Konstellation Uranus als Herrscher von 10 in Konjunktion mit Jupiter im 5. Haus. Und dies war richtig, denn dies ist das Horoskop von Steffi Graf!

Solche Vor-Versuche entweder mit Horoskopen bekannter Persönlichkeiten (jeweils ohne Befragung) oder mit unbekannten Personen, die ich im Sinne des Experiments befragte, führte ich vor dem eigentlichen Experiment insgesamt neunmal durch und es gelang mir, sieben von neun Horoskope richtig zuzuordnen. Beim eigentlichen Experiment gelang es mir nur drei von fünf Horoskopen richtig zuzuordnen sowie das sechste Horoskop, welches wir jedoch nicht werten konnten (wie weiter oben beschrieben). Dem Versuchsleiter gelang es ohne Einsatz von Astrologie ebenfalls drei von fünf Horoskopen richtig zuzuordnen und zum sechsten Horoskop bezog er keine Stellung, weil dieses ja sowieso nicht gewertet wurde.

Ergebnis des Zuordnungstests aus dem Jahr 2008

Dieses Experiment wurde am 31. Oktober 2008 unter Zeugen und bei gleichzeitig laufender Videokamera ausgewertet. Die Zuordnungen des Versuchsleiters und mir waren bei zwei Horoskopen gleichermaßen richtig, bei einem Horoskop gleichermaßen falsch und bei den verbleibenden zwei Horoskopen sind wir uns uneinig gewesen: Jeder hatte also je ein Horoskop richtig und eines falsch zugeordnet.

Weder das Ergebnis von 3 von 5 richtigen Zuordnungen, noch das Ergebnis 4 von 6 richtigen Zuordnungen ist nach wissenschaftlicher Anschauung signifikant und ich war enttäuscht von diesem Ergebnis, zumal ich aufgrund der Ergebnisse der Vor-Versuche optimistisch war, dass ich ein signifikantes Ergebnis erzielen würde.

Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, weshalb zwei Horoskope von mir falsch zugeordnet worden waren, obwohl die Testpersonen meine Interpretation des  f a l s c h e n  Horoskops als sehr treffend empfanden. Gemeinsam haben die beiden falsch zugeordneten Horoskope jedoch den Stand der Sonnen: Die beiden Testpersonen haben an ein und demselben Tag Geburtstag, wenngleich ein Unterschied von einem Jahr besteht. Beide Sonnen stehen auf der gleichen Gradzahl im Tierkreis, nämlich auf 7,5° bzw. 8° Widder. Inwieweit dies eine Bedeutung hat, welche sich auf das Gelingen des Experiments negativ auswirkt, vermag ich nicht einzuschätzen. Es sei hier aber erwähnt, da es schließlich nicht so häufig vorkommt, dass unter einer Stichprobe von sechs Testpersonen zwei Probanden am gleichen Tag Geburtstag haben und das Ergebnis des Experiments bei eben diesen umgekehrt ausfällt, als bei den anderen vier teilnehmenden Personen.

Ausblick und abschließende Bemerkungen

Den beschriebenen Versuchsaufbau mit den fraglichen Tageshälften der Geburt halte ich für sehr geeignet. Gerne würde ich als Astrologe nochmals an einem solchen Experiment teilnehmen, vorausgesetzt jemand ist dazu bereit, Testpersonen zu suchen und den Versuch wissenschaftlich zu begleiten.

Unabhängig vom Ergebnis solcher Untersuchungen halte ich die Astrologie weiterhin für sinnvoll: Rückmeldungen von KlientInnen zeigen mir in der Regel, dass meine Methode, Horoskope zu deuten hilfreich und sinnvoll für die Betroffenen ist. Hierzu abschließend als konkretes Beispiel die Rückmeldung einer Frau, die ich vor einigen Jahren astrologisch beraten habe und die mit einer Veröffentlichung ihrer Zeilen einverstanden ist:

Astrologie hat mich schon seit Jahren interessiert, aber nicht so sehr, dass ich mich intensiv darum bemüht oder gekümmert hätte. Jetzt umso mehr, weil seit 3 Jahren mein Leben komplett anders läuft. Mein Freund war der Anstoß zur Trennung von meinem Ehemann. Geplant war diese schon seit ca. 10 Jahren, durch ihn hab ich es durchgezogen. Seit ca. einem Jahr sind die Probleme mit meinem Freund sehr massiv und mir wird immer deutlicher, dass wir nicht zusammenpassen. Die von Ihnen genannten Verwirrungen, Täuschungen usw. sind genau treffend und mir ist jetzt auch klar, dass überwiegend ich Schuld habe an dem jetzigen Zustand.

Vorwurf seinerseits: Ich tu und mach, was ich meine, keine Absprachen, mein Verhalten allgemein, mach alles auf eigene Faust, dazu noch ohne viel zu überlegen. Treffe tatsächlich Entscheidungen die oft falsch sind. Die er mir dann vorwirft, er hat wieder mal recht, blöd für mich! Auch genau das, wie Sie mich charakterisiert hatten – mit dem Kopf durch die Wand usw. !

Sie sagten, welche Art von Mann am bestem zu mir passt: Sie hatten recht, mein Ex war genauso, allerdings konnte ich mit dem machen was ich wollte, er hat sich alles gefallen lassen. War sehr oft nicht schön von mir. Ich mag mir von einem Mann nur ungern etwas sagen lassen. Gleichzeitig wünsche ich mir jemand, der mir Paroli bieten kann. Auch da haben Sie vollkommen recht!

Insgesamt bin ich überrascht, finde das überwältigend und bin sehr erstaunt von Ihrer Charakterisierung meiner Person: Es stimmt alles (immer mehr), je länger ich drüber nachdenke. Meine Gefühle, alles in mir ist durcheinander. Bin verwirrt. Aber jetzt weiß ich auch, dass ich die Schuld nicht nur den anderen geben darf.“